Predigt am Ostersonntag 09.04.2023 Kreuzkirche Bayreuth: 1. Kor. 15, 1-11

P>Liebe Gemeinde,

»Der Herr ist auferstanden – Er ist wahrhaftig auferstanden!« So grüßen sich Christen in der Osterzeit untereinander. Durch diesen Ostergruß bekennt sich die christliche Gemeinde zur Auferstehung von Jesus Christus als Zentrum des Glaubens. In der Gemeinde Korinth allerdings waren die Ostergottesdienste nicht durch diese frohe Gewissheit der Auferstehung geprägt. In Korinth hatten sich Zweifel an der Auferstehung eingeschlichen. Der fröhliche und überzeugte Ostergruß: »Der Herr ist auferstanden!« war in Korinth der Frage gewichen: »Ist der Herr wahrhaftig auferstanden?« – »Keiner kann doch wissen, ob der Herr auferstanden ist!« Paulus musste Stellung beziehen. Das tut er hier im ersten Brief an die Korinther. Das ganze Kapitel 15 widmet er dem Thema der Auferstehung. Auf die Frage: »Ist der Herr auferstanden?« antwortet er dreimal mit dem Osterruf: »Der Herr ist wahrhaftig auferstanden, der Herr ist wahrhaftig auferstanden, der Herr ist wahrhaftig auferstanden!« Die dreimalige Antwort auf die Frage nach der Glaubwürdigkeit der Auferstehung verbindet Paulus dann mit drei überzeugenden Beweisen für die Auferstehung.

Der erste Beweis für die Auferstehung: »Der Herr ist wahrhaftig auferstanden!« – »Es geschah nach der Schrift.« Paulus zitiert an dieser Stelle ein Glaubensbekenntnis, das schon zu seiner Zeit überall in den Gottesdiensten gesprochen wurde: »Christus ist für unsere Sünden gestorben nach der Schrift; und er ist begraben worden und am dritten Tage auferstanden nach der Schrift.« Das haben Christen offenbar von Anfang an geglaubt. Und Paulus macht deutlich: »Das ist das Zentrum des Glaubens, liebe Gemeinde Korinth. Ihr habt dieses Fundament des Glaubens verlassen.« Bereits in der Heiligen Schrift wurde vorhergesagt, dass der Messias leiden muss und nach drei Tagen auferstehen wird. Paulus dachte hier sicherlich an Psalm 16,10: »Du wirst meine Seele nicht dem Tode lassen, und nicht zugeben, dass dein Heiliger die Grube sehe.« Oder an Hosea 6,2: »Er macht uns lebendig nach zwei Tagen, er wird uns am dritten Tage aufrichten, dass wir vor ihm leben.« Und bestimmt dachte er auch an das große Kapitel vom Leiden des Messias aus Jesaja 53, wo es dann heißt: »Wenn er sein Leben zum Schuldopfer gegeben hat, wird er Nachkommen haben und lange leben, und des Herrn Plan wird durch ihn gelingen« (Jes 53,10).

Paulus argumentiert also aus der Bibel heraus gegen die Zweifel. Er sucht große theologische Linien, die sich durch die Bibel ziehen.

Wenn du Zweifel hast in deinem Glauben, dann verlass dich nicht auf deine Gefühle, sondern vertraue den Aussagen der Heiligen Schrift! Und picke dabei möglichst nicht irgendwelche Einzelaussagen isoliert aus dem Zusammenhang, sondern sieh den gesamtbiblischen Zusammenhang. Nur so lassen sich auch geistliche Missverständnisse vermeiden. Die Bibel bezeugt die Auferstehung von Jesus Christus. In der Bibel wird die Auferstehung sogar schon viele Jahre vor dem eigentlichen Ereignis vorhergesagt. Das ist für Paulus der erste Beweis der Auferstehung.

Der zweite Beweis für die Auferstehung: »Der Herr ist wahrhaftig auferstanden!« – »Er ist gesehen worden …« Paulus führt eine ganze Reihe von Zeugen auf, die den Auferstandenen mit eigenen Augen gesehen haben: Zuerst der Jüngerkreis, als Erster Petrus. Dann 500 Menschen auf einmal. Dann Jakobus, der Bruder von Jesus. Danach weitere Apostel und zuletzt sogar er selbst, Paulus. Nicht nur Gläubige haben den Auferstandenen gesehen. Bei ihnen könnte man ja einwenden, es habe sich dort um eine Wunschvorstellung frommer Phantasie gehandelt. Nein, sondern zu den Zeugen gehören auch Jakobus, der Bruder des Herrn Jesus, der Jesus für verrückt erklärt hatte, und Paulus, der die Christen verfolgt hatte. Sie alle haben Jesus, den Auferstandenen mit eigenen Augen gesehen. Paulus betont, dass die Augenzeugen Jesus wirklich gesehen haben. Das griechische Wort meint das Sehen mit den leiblichen Augen, nicht etwa eine Erscheinung oder eine Vision. Jesus wurde gesehen, er war da, er konnte berührt werden, er hat gegessen. Zugleich war sein Leib aber auch ein übernatürlicher Körper, der nicht an Raum und Zeit gebunden war. Die Zeugen, sagt Paulus, leben noch in großer Zahl. Sie können selbst befragt werden, sie können selbst Auskunft erteilen über das, was sie gesehen haben. Jeder kann sich selbst überzeugen. Es wird also ganz deutlich: Für Paulus hängt alles an der Auferstehung Jesu. Er versteht die Auferstehung historisch, als ein wirkliches Ereignis, als eine Tatsache. Die Augenzeugen sind also sein zweiter Beweis.

Der dritte Beweis für die Auferstehung: »Der Herr ist wahrhaftig auferstanden!« – »Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin.« Paulus selbst ist der beste Beweis für die Wirklichkeit der Auferstehung. Jeder braucht nur ihn anzusehen, dann muss er eigentlich davon überzeugt sein, dass nur eine Begegnung mit dem Auferstandenen ihn so verändert haben konnte. Paulus bezeichnet sich selbst als eine »unzeitige Geburt«. Das griechische Wort „ektrōma“ meint hier eigentlich »Fehlgeburt«. Dieses Wort kann auch als Schimpfwort verwendet werden und heißt dann »Missgeburt, Scheusal«. Paulus will damit sagen: »Ja, so ein Scheusal war ich einmal.« Vor König Agrippa und dem römischen Statthalter Festus beschreibt er einmal seine Vergangenheit: »Ich meinte, ich müsste viel gegen den Namen Jesu von Nazareth tun … Ich brachte viele der Nachfolger Jesu ins Gefängnis … Und in allen Synagogen zwang ich sie oft durch Strafen zur Lästerung, und ich wütete maßlos gegen sie …« (Apg 26). Durch die Begegnung mit dem Auferstandenen vor Damaskus jedoch wurde das Leben des Paulus um 180 Grad verändert. Deshalb kann Paulus sagen: »Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin.« Das war nicht ich, das war er, nur er, der Auferstandene. Nur weil er mich verändert hat, bin ich so. Nur weil er mir die Kraft und die Fähigkeit gibt, kann ich jetzt so viel für ihn tun.“

Das ist bis heute der größte Beweis für die Auferstehung, dass Menschen durch Jesus vollkommen verändert werden, dass sie aus einer fremden Kraft heraus Dinge tun, für die sie vorher nur Desinteresse oder sogar Spott übrighatten. Sehr eindrücklich ist an dieser Stelle ein Erlebnis, das der amerikanische Evangelist Torrey an einem Ostersonntag hatte. Er hielt einmal in London eine Straßenpredigt und wurde von einem Mann aus der Zuhörerschaft unterbrochen: »Mister Torrey, woher wissen Sie, dass Christus von den Toten auferstanden ist?« Torrey wurde einen Augenblick still, um die rechte Antwort zu geben. Da trat ein schlichter Mann vor und rief laut: »Ich bin Maschinist und habe die Dampfstärke in einer großen Maschine zu prüfen. Woher weiß ich, welchen Druck der Dampf ausübt? Ich sehe den Dampf nicht, aber seine Kraft kann ich an einer Messuhr ablesen. Nun seht mich an! Ich war ein Säufer, ein hoffnungsloser Sklave des Alkohols. Aber der auferstandene Jesus hat mich ergriffen. Seine Kraft hat sich an mir bewiesen und mich gerettet. Deshalb weiß ich aus Erfahrung, dass Jesus wirklich auferstanden ist von den Toten.«

Vielleicht sind manche unter uns, die denken: »Das alles ist doch nur Gerede! Das kann mich nicht überzeugen. Mir ist der Auferstandene noch nie begegnet.« Dann kann ich nur antworten mit dem Vers aus einem Lied von Manfred Siebald: »So sicher wäre ich da nicht – ich hab schon Eisblumen schmelzen gesehen, ich sah schon Gräser im Asphalt, ich sah schon rostige Türen aufgehen, ich sah, wie manche Mauer fiel, wie manche harte Schale brach, wie mancher Spötter staunte, dass er plötzlich doch noch mit Gott sprach.« Oder da ist vielleicht jemand, der am meisten über sich selbst verzweifelt ist. Dem sei gesagt: »Du, wenn dir das Heulen kommt über dich selbst, darfst du auf den Apostel Paulus schauen und dir sagen: Wenn es für den gereicht hat, dann auch für mich; wenn Gott den verändern konnte, dann auch mich.« Jesus, der Auferstandene, verändert Menschen. Er verändert dich und lässt dich nicht so, wie du bist. Er nimmt dir deinen Jähzorn, dein aufbrausendes Wesen und gibt dir Geduld. Er befreit dich aus deinen verbohrten und festgefahrenen Ansichten und weitet dir den Horizont für neue Gedanken. Er nimmt dir die Trägheit in Sachen Glaube und gibt dir die Freude, etwas für seine Gemeinde zu tun. Er nimmt dir deine Stummheit und macht dich zum Zeugen für sein Evangelium in deinem persönlichen Umfeld, in dem du lebst. Menschen, die dem auferstandenen Jesus begegnet sind, sind selbstbewusste Menschen. Sie sind stolz, nicht auf sich, sondern auf Jesus und das, was er aus ihnen gemacht hat. Sie können mit Paulus sagen: »Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin.« Auch heute werden Menschen durch Jesus verändert.

Auf die zweifelnde Frage der Korinther: »Ist der Herr denn auferstanden?«, antwortet Paulus voller Überzeugung: »Der Herr ist wahrhaftig auferstanden!« Denn: Die Auferstehung geschah nach der Schrift. Der Herr ist gesehen worden. Und der Auferstandene hat mich verändert, sodass ich bezeugen kann: »Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin.« Wir dürfen lebendige Auferstehungszeugen sein. Wir, die wir tot waren in Sünden, leben nun neu. Hier schon in der Kraft der Auferstehung. Und einmal ewig in seinem Reich. Das wird ein Ostern werden, das allerpersönlichste. Wenn Gott Dich einmal auferweckt und zu sich ruft aus dem Tod. Glaub nur im Blick auf deinen eigenen Tod, der früher oder später kommen wird: während viele hier trauern, wirst Du gerettet und gekrönt. Und du wirst mit ihm leben in der Herrlichkeit bei ihm allein. Was kann es noch Schönres geben, als Freunde des auferstandenen Herrn schon hier zu sein? Amen.

Verfasser: Pfarrer Friedemann Wenzke, Dr. Martin Luther Str. 18, 95445 Bayreuth, Tel. 0921/41168,

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