Predigt am Vorstellungsgottesdienst der Konfirmanden am 19.09.2021, Text: Eph. 2, 19-22

Wir hören jetzt den Predigttext: Eph. 2, 19-22:

Ihr seid also nicht mehr Fremde
oder Gäste ohne Bürgerrecht.
Ihr seid vielmehr gleichberechtigte Mitbürger der Heiligen
und Mitglieder von Gottes Hausgemeinschaft.
20 Ihr seid als Gemeinde gegründet
auf dem Fundament der Apostel und Propheten,
dessen Eckstein Christus Jesus ist.
21 Durch ihn wird der ganze Bau
zusammengehalten.
So wächst er zu einem heiligen Tempel empor,
der dem Herrn gehört.
22 Weil ihr zum Herrn gehört,
werdet auch ihr als Bausteine
in diesen Tempel eingefügt.
Gott wohnt darin
durch den Heiligen Geist.

Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, liebe Eltern, liebe Gemeinde,

da ist vom Bauen die Rede, von einem Gebäude, dem Tempel, und einzelnen Steinen, die zusammengefügt sind zu einem ganzen Haus. Was hat das alles zu bedeuten? Nun, zunächst ganz einfach: ihr seid jetzt hier auch in einem Haus. Wir sagen: in einem Gotteshaus, in dieser Kirche. Sie ist für Euch da. Die Kreuzkirche ist ein Haus, gebaut für euch! Sie ist Euer Haus. Und sie ist Gottes Haus. Eure Vorfahren haben sie gebaut für sich, für ihre Kinder und Kindeskinder. Knapp 61 Jahre ist sie jetzt alt. Das ist für ein Kirchengebäude kein Alter. Es gibt noch Gemeindeglieder unter uns, die sich an den Kirchenbau erinnern können. Eure Großväter und Großmütter haben sie gebaut. Das ist mein erster Punkt heute:

1. Die Kirche ein Haus – gebaut für euch!

Seit sechs Jahrzehnten wird diese Kirche mit Leben gefüllt. Mit Musik, Gesang, Gebet und mit Gottes Wort, der Botschaft von Gottes Liebe zu den Menschen. Gott und Mensch kommen hier zusammen. Insofern nicht nur einfach ein Haus. Sondern auch ein heiliger Ort. Gott begegnet uns hier. Nicht nur hier, aber auch hier. Die Kreuzkirche ist ein Ort, wo etwas sehr Lebendiges geschieht. Gott redet mit uns und wir können mit Gott reden. Diese Kommunikation zwischen Gott und Mensch, ist die Hauptsache, auch wenn sich die Nebensache, nämlich Formen und Stile der Verehrung Gottes durchaus gelegentlich ändern können und wohl in nächster Zeit auch müssen, wenn wir Menschen der heutigen Zeit noch als Kirche erreichen wollen.

Und zugleich ist unsere Kirche ein Bau aus toten Steinen. Kirche ist ein doppeldeutiger Begriff. Er meint einerseits das Haus aus Steinen und andererseits unsere Gemeinde. Die Gemeinde, die gewissermaßen aus lebendigen Steinen gebaut ist. Die Gemeinde besteht aus einer Fülle von angestellten und ehrenamtlichen Mitarbeiter. Und sie besteht aus sogenannten Gemeindegliedern, die genauso wichtig sind, die hier in der Gemeinde wohnen, teilweise im Gemeindeleben teilnehmen, aber eben keine oder noch keine Mitarbeiter sind.

Zunächst zu den angestellten Mitarbeitern: Da gibt es Männer und Frauen, die extra für Euch da sind und dafür bezahlt werden. Sie arbeiten im Pfarramt, wie unsere Frau Neupert seit vielen Jahren. Oder auch die Mitarbeiterinnen in der Tagespflege im Kreuz zu Haus. An jedem Wochentag kommen hier derzeit 17 ältere Menschen, die eigentlich zu Hause wohnen, aber tagsüber hier betreut werden. Und dann gibt es noch unser Mesner und Hausmeisterehepaar Bogatscher und unseren Kirchenmusiker Günter Leykam, der hier in der Kirchengemeinde fast jeden Sonntag die Orgel spielt, die Kantorei leitet und auch den Posaunenchor. Und neuerdings sogar einen Jungbläserkurs anleitet, immer Freitagnachmittag. Und dann gibt es in der Gemeinde unendlich viele Ehrenamtliche, also Menschen, die nicht bezahlt werden, und dennoch viel Zeit und Kraft in die Gemeinde investieren. Jungscharleiter, Jugendgruppenleiter, Mitarbeiter in der Seniorenarbeit, im Kindergottesdienst, im Gemeindedienst, bei besonderen Veranstaltungen wie das Frauenfrühstück oder das Männervesper und vieles mehr. Für euch Konfirmanden sind natürlich besonders die Mitarbeiter wichtig, die Euch begleiten können auf dem Weg ins Erwachsenwerden. Jugendleiter, Jugendleiterinnen, die Mitarbeiterinnen im Kindergottesdienst, seit heute in der Teeniekirche, die Mitarbeiter in der Jungschar und viele andere mehr. Sie alle sind lebendige Steine im Haus der Gemeinde. Sie fahren mit Euch auf Freizeit, Sie schenken Euch ihre Zeit. Sie können Euch zu Vorbildern werden. Im Lauf des Konfijahres werde ich euch den einen oder anderen mal vorstellen. Sie zeigen Euch, was es heißt als junger Mensch ein lebendiger Stein zu sein im Haus der Gemeinde.

Ich halte fest: Die Kirche- ein Haus gebaut für euch aus Steinen durch unsere Vorfahren. Und ein Haus gebaut aus lebendigen Steinen, von Menschen, die sich in die Gemeinde einbringen, hier ein Teil ihres Lebens verbringen. Und Du gehörst auch dazu! Ihr gehört dazu, liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden. Und auch Sie, liebe Eltern! Und alle anderen die hier sitzen: Wie hieß es so schön in unserem Bibeltext:

Ihr seid also nicht mehr Fremde
oder Gäste ohne Bürgerrecht.
Ihr seid vielmehr gleichberechtigte Mitbürger der Heiligen

Als Gottes Hausgenossen finden wir Heimat und bekommen gewissermaßen einen neuen Familiennamen. Und dieser Name verpflichtet auch. Natürlich kann man das Ganze auch ablehnen. Kann man im Blick auf Gott gewissermaßen obdachlos durchs Leben gehen. Das mag teilweise gar nicht schlecht zu funktionieren. Aber man wird nie eine wirklich tragfähige Antwort auf die Grundfragen des Lebens bekommen: Wo komme ich her? Wer bin ich jetzt? Und: wo gehe ich hin? Auf Dauer mit diesen offenen Grundfragen zu leben, das ist auf Dauer unbefriedigend und sinnlos. Und am Lebensende sehr schwierig.

Deshalb die große Einladung, die heute ausgesprochen wird: Die Kirche – ein Haus gebaut für euch mit Wohnrecht. Wie geht das, im Haus Gottes wohnen als Hausgenosse? In dem Haus Gottes wohne ich, wenn ich mein Leben bewusst unter die Führung Gottes stelle. In dem Haus Gottes wohne ich, wenn ich um meine Schuld vor Gott weiß, aber auch Vergebung erleben darf. In dem Haus Gottes wohne ich, wenn ich sage: Ja, Jesus, bestimme du zukünftig mein Leben. In dem Haus Gottes wohne ich, indem ich mich einfach von Gott lieben lasse. Das kannst Du heute mit Jesus festmachen. Und das ist wichtig und schön.

2. Die Kirche ist ein Haus – gebaut mit euch!

Allerdings muss ich dir auch gleich ganz ehrlich sagen: wenn Du dich für ein Leben mit Gott entscheidest, dann geht eines gar nicht: Sich zurücklehnen, konsumieren, die anderen machen lassen – so funktioniert das in der Familie Gottes nicht. Mitbauen, mitmachen ist angesagt. Wie in jeder anderen Familie auch. Da packst du doch hoffentlich auch mit an und hast Deine Aufgabe in der Familie.

Wie kann man aber in der Familie Gottes mitmachen? Mitmachen als Konfi: wie sieht das konkret aus? Ganz einfach: Mitmachen, das gilt für die Treffen am Mittwochnachmittag; mitmachen, das gilt für unsere Gottesdienste. So wie heute, aber eben nicht nur heute. Falls Corona es zulässt, werdet ihr im kommenden Jahr öfters Mitwirken im Gottesdienst. Mitmachen in der Gemeinde, sich einbringen und ausprobieren- hier wird jeder und jede gebraucht.
Ihr habt Gaben, die nur Ihr habt. Der eine kann vielleicht tolle Geschichten schreiben oder erzählen. Wieder jemand spielt Geige, Trompete oder Gitarre. Ein anderer kann gut zuhören oder hat zwei geschickte Hände oder schnelle Füße. So manches werden wir bei der Vorstellung ja noch zu sehen bekommen. Und weil ihr so begabt seid, deshalb bauen wir Kirche, Gemeinde mit Euch, nicht nur für Euch.
Heute laden wir Dich ein reinzuschnuppern. 9 Monate Schnupperkurs. 9 Monate Baustelle, 9 Monate Schulung. Was macht dir Spaß? Worüber freust du dich? Was glaubst du eigentlich? Oder welche Fragen und Zweifel hast du im Blick auf Gott und die Kirche? All das bringst Du mit als lebendiger Baustein. Bringe Dich ein! Mach mit! Baue mit. Jeder von Euch ist ein Original Gottes. Selbst mit Deinen Macken wirst Du gebraucht.
Glaub doch bloß nicht, dass wir alles irgendwie moralisch besondere Menschen sind, die hier was in der Gemeinde machen. Von wegen! Keiner von uns Mitarbeitern ist besser als Du und deine Familie! Wenn Du mit Gott leben willst, dann bist Du Kirche! Du bist Kirche mit allen deinen Gaben und allen deinen Macken. Und Gott lädt dich ein: Bau mit am Haus der Gemeinde!

Das möchte ich nicht nur den Konfis zurufen, sondern jeden, der heute hier ist. Bau mit am Haus der Gemeinde. Sei Mit- Hausgenosse. Wer mitmacht, hat eine viel höhere Identifikation mit seinem Zuhause, als wer immer nur konsumiert. Gott sagt: „Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein.“

Liebe Mitchristen, die ihr vielleicht schon jahrelang auf dem Weg des Glaubens geht: den ersten Satzteil hast du bestimmt schon oft erlebt, hast viel Segen erfahren. Aber wo warst Du schon Segen? Ganz gewiss können viele auch dazu eine Antwort geben. Aber wo nicht, dann bitte ich dich: überlege mal, wo dein Ort sein kann, wo du auch Segen weitergeben kannst. Das muss nicht hier in der Kreuzkirchengemeinde sein. Aber es kann sein. Bring dich ein, mach mit, komm auf mich oder andere Mitarbeiter zu. Wir freuen uns riesig darüber!

Und nun noch das Dritte:

3. Die Kirche ist ein Haus – gebaut auf euch!

Das wird ja oft vergessen – aber so ist es nun auch: Wir bauen nicht nur für Euch und mit Euch. Wir bauen auch auf Euch. Wir vertrauen auf Euch und Eure Mitarbeit am Bau der Gemeinde. In gar nicht allzu langer Zeit werdet ihr Erwachsen sein. Das geht schneller als ihr denkt. Ihr werdet einen Beruf haben. Verantwortung übernehmen in unserer Gesellschaft. Dann werdet ihr Autos kaufen, Häuser bauen, in Heilberufen, Sozialberufen, Ingenieurberufen oder auch in der Politik oder bei der Polizei arbeiten. Irgendwann werdet ihr selbst Kinder haben und dann sind die, die dieses Haus für Euch gebaut und renoviert haben nicht mehr da. Dann bin ich ein alter Mann, unsere heutigen Jugendmitarbeiter über 50 und dieses Haus wird immer noch Konfirmanden begrüßen und beherbergen, weil Ihr lebendige Steine seid im Haus der Gemeinde. Deshalb: Wir bauen auf Euch!

Wenn ich mal alt bin, wünsche ich mir Jugendliche in der Hausgemeinschaft Gottes, über die ich mich auch mal aufregen kann, weil ihre Musik so anders ist, und sie mit ihren neuen Kommunikationsmitteln mich schier zum Verzweifeln bringen. Wenn ich pflegebedürftig bin, wünsche ich mir Menschen, die mich pflegen, die mir - wenn es denn sein muss - die Windeln wechseln und an meinem Sterbebett vielleicht doch noch ein altes Kirchenlied singen können und mit mir so beten können, dass es mich tröstet und an alte Zeiten erinnert. Das ist Hausgemeinschaft im Haus Gottes, wo man sich auch in unterschiedlichen Lebensphasen umeinander kümmert, andere aufnimmt, und füreinander da ist. Der Glaube an Jesus Christus ist das Verbindende dabei. Die Glaubensformen können sich weiterentwickeln. Es geht in der Familie Gottes immer um dieselbe Kunst: das Wertvolle bewahren und gleichzeitig offen sein für Neues. Und das Alte und Neue nicht gegeneinander ausspielen, sondern aufeinander beziehen.

Kirche – ein Haus gebaut auf Euch. Schon in einem Jahr brauchen wir wieder Mitarbeiter für Konfirmanden, den Kindergottesdienst oder was auch sonst. Schon jetzt im Unterricht brauchen wir Konfis, die mitmachen, mitreden und mitdiskutieren und nicht bloß dasitzen. Ich bin nicht euer Beschäftigungstherapeut. Sondern wir sind gemeinsam eine Lerngemeinschaft im Glauben. Ihr werdet in der Zeit des KU so viel von Gemeinde lernen und erfahren, wie ihr wollt. Wir trichtern euch nichts ein. Wir wollen euch nur zeigen: Du bist wichtig für Gott und für uns. Du bist geliebt von Gott und auch von uns als Gemeinde wertgeschätzt. Du bist einer oder eine auf den und die wir bauen.

Du denkst jetzt vielleicht, das wird nie was. Wenn wir auf uns, unsere Eltern oder auf die Klassenkameraden schauen, dann sind es doch nur wenige, die in der Kirche überhaupt mitmachen. „Für Kirche und Gott haben nur Kinder und alte Leute Zeit“, höre ich manchmal. Das ist Blödsinn! Ihr alle, Sie alle gehören dazu. Auch Sie, liebe Eltern. Sie sind Teil des Baus. Und Sie sind viel mehr als sie denken. Selbst wenn es „nur“ der Beitrag für die Kirchensteuer ist,– auch der passive Christ ist Baustein in der Gemeinde. Nun – er trägt vielleicht weniger zum Zusammenhalt des Ganzen bei als er könnte Es entgeht ihm vieles, wenn er seine Bürgerrechte nicht nutzt. Und doch sind Sie jetzt hier! Sie alle, der Kirche nahe oder auch ferne stehende Menschen. Jetzt bist Du hier eingeladen Gottes Hausgenosse zu werden. Nicht Gast, sondern Mitbürger.

Und wenn Sie jetzt denken: Na dann mal zu! Wenn das nur funktioniert, weil die in der Kirche auf mich bauen, dann bin ich ein „Wackelstein“. Ich bin mir weder in Sachen Glauben, noch im Blick auf mein Engagement sicher.

Ach, wissen Sie, dass der ganze Bau zusammenhält und nicht einstürzt, das liegt ja nicht an Ihnen und auch nicht an mir. Wir sind Teil des Baus aber nicht diejenigen, die alles Zusammenhalten. Wir stehen auf Fundamenten der Tradition, des Glaubensbekenntnisses und der Lebenszeugnisse vieler Väter und Mütter im Glauben. Und auf diesem Fundament sind wir in aller Unterschiedlichkeit als lebendige Steine, als Christen zusammengefügt in der Kirche. Mit allen unseren Ecken und Kanten und Gaben. Und dass wir Kirche sind, Gemeinschaft, ein Haus, eine Heimstatt in der Gott wohnt, das müssen wir nicht selbst zusammenhalten. Dafür steht Jesus Christus, der Eckstein ein. Auf ihn baut Gemeinde.

Deshalb besteht der Bau aus lebendigen Steinen, weil Jesus uns zusammenhält. Weil er den Druck aushält und auch ableitet, den wir unterschiedlichen Bausteine in der Gemeinde aufbauen. Er hält uns zusammen.

Deshalb habe ich auch gar keine Angst um die Kirche. Nicht um dieses Kirchengebäude und auch nicht um den Bau aus lebendigen Steinen.
Wir sind ein Haus, gebaut auf dem Grund der Apostel und Propheten, da Jesus Christus der Eckstein ist – und so sind wir ineinander gefügt und wachsen zu einem heiligen Tempel, zu einem Haus Gottes. Das ist das Versprechen, unter dem wir stehen.

Amen.

Verfasser: Pfarrer Friedemann Wenzke, Dr. Martin Luther Str. 18, 95445 Bayreuth, Tel: 0921/41168.