Predigt am 12.09.2021 zu 1.Mose 1 2,1-5 (Gottesdienst im Grünen am Claudiusheim)

Da sagte der HERR zu Abram: »Verlass deine Heimat, deine Sippe und die Familie deines Vaters und zieh in das Land, das ich dir zeigen werde! Ich will dich segnen und dich zum Stammvater eines mächtigen Volkes machen. Dein Name soll in aller Welt berühmt sein. An dir soll sichtbar werden, was es bedeutet, wenn ich jemand segne. Alle, die dir und deinen Nachkommen Gutes wünschen, haben auch von mir Gutes zu erwarten. Aber wenn jemand euch Böses wünscht, bringe ich Unglück über ihn. Alle Völker der Erde werden Glück und Segen erlangen, wenn sie dir und deinen Nachkommen wohlgesonnen sind.«

Abram folgte dem Befehl des HERRN und brach auf, und Lot ging mit ihm. Abram war 75 Jahre alt, als er seine Heimatstadt Haran verließ. Seine Frau Sarai und Lot, der Sohn seines Bruders, begleiteten ihn. Sie nahmen ihren ganzen Besitz mit, auch die Menschen, die sie in Haran in Dienst genommen hatten.

Predigt: 1. Mose 12, 1-5

Liebe Gemeinde,

drei Stichworte habe ich mir für diese Predigt überlegt: Aufbruch- Segen- Weggemeinschaft. Drei Stichworte, die wir aus Sicht des Abraham und des Förderverein Tagespflege näher beleuchten möchten:

1. Aufbruch

Immer wieder lässt Abraham seine Augen in die Ferne schweifen. Immer wieder blickt er nach vorn. Sein Blick wandert über die Häuser seine Heimatstadt Haran hinaus über die paar Wiesen am Stadtrand in die Wüste. Bis zum Horizont. Was dahinter wohl kommt? Unbekanntes Gelände. Neuland. Wüste. Durststrecke. Ungewissheit. Abraham denkt: „Dorthin soll ich wirklich gehen? Ich in meinem Alter mit 75 Jahren noch einmal aufbrechen? Dabei habe ich mich doch hier eingerichtet. Mit Sara meiner Frau, mit den Knechten und Mägden. Mit Lot, meinem Neffen, der einmal unseren Besitz bekommen soll – denn Kinder haben wir keine. Alles ist so vertraut, so heimisch.

Und nun das: Diese Stimme Gottes. Lange habe ich diese innere Stimme überhören wollen. Gedacht: Du täuschst dich. Doch sie ließ sich nicht abstellen: „Abraham! Geh du aus diesem Land. Von deiner Verwandtschaft. Aus dem Haus deines Vaters. Geh in ein Land, das ich dir zeigen werde.“ Doch irgendwann habe ich dieser Stimme nachgegeben. Ich weiß, dass dies richtig war. Und trotzdem beschleichen mich mulmige Gefühle. Morgen brechen wir wirklich auf; wir auf unsere alten Tage – Sara und ich, die Knechte und Mägde, Lot. Wohin wird Gott uns führen? Was kommt auf uns zu? Ich weiß es nicht.“

Gedanken vom Fördervereinsmitglied (Martin)

So wie Abraham aufbrach und seine Heimat verlassen musste gibt es in jedem Leben Aufbrüche durch Veränderung der Lebensumstände.
In der Tagespflege erleben wir, was es bedeutet wenn ein Mensch alt oder krank wird, sich nicht mehr allein versorgen kann und auf Hilfe angewiesen ist. Die gesamte Familie ist von der neuen Situation betroffen. Entscheidungen müssen getroffen werden. Ist es möglich den pflegebedürftigen Menschen zuhause zu versorgen? Was kommt auf die Familie zu und kann sie die zusätzlichen Anforderungen in den Alltag integrieren? Oder kann dieser Mensch noch alleine wohnen, weil er sein vertrautes Umfeld nicht verlassen möchte?
Der Aufbruch wird sichtbar. Die Wohnung verändert sich. Hilfsmittel kommen zum Einsatz, z.B. muss das altgewohnte Ehebett einem Pflegebett weichen und evtl. kommt täglich jemand vom Pflegedienst ins Haus. Besonders für den Betroffenen wird dieser Aufbruch spürbar. Es kann bedeuten dass er ein Stück Selbständigkeit aufgeben muss und im Alter noch mal lernt sich anderen Menschen anzuvertrauen und von ihnen ein Stück abhängig ist.
Für jeden von uns ist auch jeder neue Tag ein Aufbruch ins Ungewisse, denn wir wissen nicht, was dieser uns bringt.
Im Vertrauen auf Gott, nehmen wir all das Ungewisse aus seiner Hand an.

Lied: Dem Herren musst du trauen (EG 361,2)


2. Segen

Abraham schaut wieder hinaus – über die Häuser und Wiesen in die Wüste bis zum Horizont. Gott hat ihm ja nicht nur den Aufbruch befohlen. Er hat ihm etwas Großes versprochen: „Ich werde dich zu einem großen Volk machen. Ich werde dich segnen. Ich werde deinen Namen groß machen und du sollst ein Segen sein.“ Wenn Gott mich segnet, dann heißt das: Ich gehe nicht allein. Ich bin im Neuland nicht auf mich gestellt. Ich bleibe in der unbekannten Zukunft nicht einem blinden Schicksal, einem bloßen Zufall überlassen. Ich muss nicht alles mit meiner Kraft meistern. Sondern Gott geht mit. Mit seiner Kraft. Er begleitet und schützt mein Leben.

Und so lautet unser zweites Stichwort: Segen. Der Segen ist Abraham und uns allen verheißen. Aber manchmal kommen Zweifel hoch: Abraham bleibt mit seinen Augen am Horizont hängen. Stimmt diese Zusage wirklich? So fragt er sich. Und er weiß genau: Das kann ich nicht herausfinden, wenn ich hier in Haran bleibe. Ich werde es nur erfahren, wenn ich mich auf den Weg mache. Schritt für Schritt mich auf diesen Segen verlasse. Schritt für Schritt merke: Gott gibt mir Kraft, Gott ist bei mir. Gott entfaltet mein Leben. Sogar in der Wüste. Selbst in den Durststrecken. Dieser Segen wirkt dann weiter. Durch mich zu anderen: Du sollst ein Segen sein. Segen erfahren bedeutet: Sich auf den Weg ins Unbekannte einlassen.

Gedanken von einer Mitarbeiterin aus der Tagespflege

Bei unserer Arbeit erleben wir immer wieder Menschen, deren Leben brüchig geworden ist oder sogar zerbrochen erscheint.
Menschen, die darauf angewiesen sind, Hilfe anzunehmen und von anderen versorgt zu werden.
Vielleicht erscheint so ein Leben auf den ersten Blick sinnlos. Doch für Gott ist jeder Mensch wertvoll. Ungeachtet seiner Leistung und Hilfsbedürftigkeit.
In der Tagespflege erleben wir oft, wie Gott Menschen, deren Leben schwer geworden ist, dennoch segnet und zum Segen werden lässt.
Wir erleben wie Menschen in großer Dankbarkeit auf das Vergangene zurückblicken. Kranke und Hilfsbedürftige, die durch ihr „Nichts tun können“ die Ruhe finden um über „Wesentliches“ nachzudenken.
Menschen, die so offene Augen für den Segen Gottes bekommen.
Diese Zeit die durch dieses „Nichts mehr tun können“ übrig ist, nutzt mancher, um für andere zu beten und wird so selbst zum Segen.

Lied: Dein ewge Treu und Gnade (EG 361,3)

3. Weggemeinschaft

Der Tag des Aufbruchs ist da. Abraham und Sara, Lot und die Knechte und Mägde machen sich auf den Weg. Langsam bewegt sich der Zug mit Menschen und Tieren aus Haran hinaus. Sie folgen Gottes Befehl. Vertrautes bleibt zurück. Neuem, Unbekanntem gehen sie entgegen. Diesen Weg gehen sie nicht allein. Sie gehen ihn miteinander. Als Weggemeinschaft, unser drittes Stichwort. Alleine wären wir verloren auf diesem langen Weg durch die Wüste, in einer ungewissen Zukunft. Aber Gott hat sie verbunden und führt sie gemeinsam in die neue Zukunft.

Jeder Mensch ist angewiesen auf Wegbegleitung, unser drittes Stichwort. Wir sind angewiesen auf Menschen, die uns unterstützen. Wir sind angewiesen auf gegenseitige Hilfe, im Geben und Nehmen. Wir sind nicht als Einzelgänger und schon gar nicht als Einzelkämpfer geschaffen sondern als Weggenossen. Nur so lassen sich die Herausforderungen meistern. Nur so lässt sich Neues wagen.

Gedanken vom Fördervereinsmitglied (Roland Anders)

Gut zu wissen, dass keiner, in schwierigen Aufbruchssituationen allein gelassen wird.
Oft bildet die eigene Familie die Weggemeinschaft.
Dort ändern sich die Beziehungen zueinander. Wer übernimmt welche Aufgabe? Kann uns die Tagespflege entlasten? Ältere Menschen zu betreuen, benötigt viel Organisation und gegenseitige Absprachen.
Dabei kann eine Familie wachsen. Sie ist gezwungen zusammenzuhalten.
Kinder erfahren was es bedeutet alt oder krank zu sein und dafür Verantwortung zu übernehmen.
Manchmal ist es auch nicht möglich, dass jemand Zuhause gepflegt wird. Und es müssen neue Wege mit neuen Weggefährten gesucht werden.
Jemanden zu begleiten kann auch bedeuten, einen Menschen so leben zu lassen wie er es möchte und dabei zuschauen zu können. Evtl. einmal am Tag vorbeizuschauen und fragen was man tun kann.
Es gibt viele Wege in denen sich immer Gemeinschaften bilden. Keiner muss allein bleiben.

Abschluss:

Abraham und Sara haben sich auf den Weg gemacht. Sie hatten dabei keinen leichten Weg zu gehen. Es gab Krisen, Schwierigkeiten, Streit. Es gab Zweifel und Ungewissheit über die Richtung. Über den Beistand Gottes. Aber Gott ist zu seiner Zusage gestanden. Hat sie immer wieder erneuert. Hat geholfen. Die Weggemeinschaft mit Lot musste aufgelöst werden, um Streit zu beenden. Die mit Sara und den Knechten hat sich bewährt. Und am Ende: Die Geburt von Isaak – dem neuen Träger der Verheißung. Wer aufbricht, kann Gottes Segen erfahren. Selbst mit 75 Jahren. Amen.