Konfirmationen am 10./11.07.2021 in der Kreuzkirche.

Predigt: Mt. 28,16-20

Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, liebe Familien und Gäste!

Das sind atemberaubende Aussagen, die wir eben in der Schriftlesung gehört haben. Was für eine Person ist dieser Jesus nur! Niemand ist so mächtig wie er, so sagt er. Kein Wirtschaftsunternehmen, kein Staatsmann, kein Land hat mehr Macht als er. Er hat alle Macht im Himmel und auf Erden. Und was für einen Auftrag gibt er seinen Jüngern! Sie sollen weltweit operieren. Für alle Menschen ist die Botschaft des Evangeliums gedacht. Alle Völker sollen sie hören.

Und was für ein Versprechen gibt er seinen Jüngern! Keine Sekunde will er sie allein lassen. Alle Tage ist er bei ihnen, auch wenn sie ihn nicht sehen.

Alle, die an Jesus glauben und ihm vertrauen, dürfen bei einem weltweiten Programm mitarbeiten. Ihr Chef hat unerschöpfliche Möglichkeiten, um sie bei ihren Aufgaben zu unterstützen. Immer wenn sie seinen guten Ratschlag oder seine Hilfe brauchen, ist er sofort präsent. Kann man da nicht stolz sein, bei einem solchen gigantischen, weltumfassenden Unternehmen angestellt zu sein? Folgende Geschichte kann uns diese Wahrheit etwas verdeutlichen:

Während einer Zugfahrt unterhalten sich eine Kindergottesdiensthelferin und ein Manager. Er begann mit harmloser Unterhaltung und war schnell bei seinem Beruf, offensichtlich seinem Lieblingsthema. Seine Firma stellte Verpackungen für Zahnpastatuben her und er hatte gerade ein neues Beschäftigungsmodell entwickelt, das dem Standort Deutschland völlig neue Impulse geben würde. Die Frau war beeindruckt, wie ein Mensch so von der Bedeutung seiner Tätigkeit überzeugt sein konnte. In diesem Moment aber kam die Frage, die sie die ganze Zeit gefürchtet hatte: „Und was machen Sie so? Erst wollte die Frau im Erdboden versinken, aber dann bekam die Frau plötzlich ganz viel Mut. Sie setzte sich kerzengerade hin und lächelte: „Ist ja interessant“, sagte sie, „ich glaube, wir haben ganz ähnliche Geschäftsinteressen. Wir haben gerade auch ein völlig neues Konzept für den Standort Deutschland entwickelt. Allerdings arbeiten wir weniger mit Verpackungen als mit Inhalten. Er hatte keine Ahnung, wovon sie redete, hätte das aber nie zugegeben. Okay, meinte er. „Haben Sie ein Büro in Frankfurt?“ „Oh, wir haben mindestens eins in jeder Stadt. Von Alaska bis Kasachstan. Wissen Sie: Die neuen Märkte sind für uns alte Hüte.“ Ihm fiel die Kinnlade runter. Man sah richtig, wie er sein Gehirn durchstöberte, um diese große Firma zu identifizieren, über die er sicher schon mal gelesen hatte.
„Tatsächlich arbeiten wir“, fuhr die Frau fort, „auf internationaler Ebene. Unsere Führungsebene plant, bis zum Ende der Geschäftsperiode mindestens ein Standbein in jedem Land der Welt zu haben.“ Sie legte eine Kunstpause ein. „Haben Sie auch so etwas vor?“ „Äh, nein, noch nicht“, stammelte er. „Aber Sie haben Ihre Führungsebene erwähnt. Wie machen die das?“ „Es ist ein Familienunternehmen. Es gibt einen Vater, einen Sohn und einen ..., ja, einen guten Geist. Nun ja, die drei halten alles am Laufen,“ sagte sie. „Und die Mitarbeiter?“ fragte der Mann.
„Oh, die sollten Sie mal sehen. Sie haben einen ganz besonderen Geist, der das Unternehmen prägt. Es läuft ungefähr so: Der Vater und der Sohn gehen so liebevoll miteinander um, dass die Liebe sich auf die Mitarbeiter überträgt und sie sich untereinander auch lieben. Ich weiß, es klingt altmodisch, aber ich kenne Menschen bei uns, die wären bereit, füreinander zu sterben. Wie ist das bei Ihnen?“ „Wir sind noch nicht so weit“, sagte der Mann und änderte seine Strategie: „Sie haben sicher gute Vergünstigungen?“
„Allerdings“, strahlte die Frau, „ich habe eine Überlebensversicherung, Alters- und Todesvorsorge, alles auf Kosten des Chefs. Und das Beste: Er hat für mich ein großzügiges Appartement in einer riesigen, tollen Wohnanlage reserviert, da kann ich einziehen, wenn ich mit der Arbeit hier fertig bin.“
„Äh“, sagte er verwirrt, „wissen Sie, eins beschäftigt mich noch. Ich lese viel, und wenn Ihr Unternehmen wirklich so ist, wie Sie es beschreiben, warum habe ich dann noch nie davon gehört?“
„Eine gute Frage“, sagte sie. „Vielleicht lesen Sie die falsche Zeitung. Lesen Sie doch mal die Bibel! Immerhin blicken wir auf eine 2000 Jahre alte Tradition zurück. Aber vielleicht möchten Sie sich uns anschließen? Wir bieten Veranstaltungen an für Menschen wie Sie. Menschen, die weiterkommen wollen.“
„Weiterkommen, ja“, warf der Mann ein. „Aber wohin?“
„Oh“, sagte die Frau, „genau auf diese Frage haben wir uns spezialisiert.“

Soweit die Geschichte. Ich nehme an, ihr habt im Gegensatz zu dem verwirrten Manager in der Geschichte verstanden, von welcher weltweit operierenden Firma die Kindergottesdiensthelferin sprach. Es ist das Reich Gottes, die Sache Gottes. Überall, in jeder größeren Stadt dieser Welt hat es seine Niederlassungen. Das heißt, es treffen sich dort Menschen im Namen Jesu zu ihren Versammlungen, zu Gottesdiensten oder Gemeindeveranstaltungen. Auf der ganzen Welt gibt es christliche Gemeinden, kleine und große, unscheinbare und leuchtende. Und sie strahlen aus in diese Welt. „Bis zum Ende der Welt“ soll jedes Volk die Botschaft von Jesus gehört haben.

Das Reich Gottes ist gewissermaßen ein Familienunternehmen. Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist halten alles am Laufen. Ihre Liebe zueinander überträgt sich auch auf die Mitarbeiter. Und so ein Mitarbeiter darfst du jetzt sein, nach der Konfirmation. Du gehörst jetzt als vollmündiges Mitglied zur Gemeinde. Du wirst gehört und wahrgenommen. Du bist total wichtig für uns. Wir brauchen Mitarbeiter in allen Altersstufen, auch Jugendliche! Ich habe euch vor zwei Wochen im Konfi dazu schon mal Mut gemacht. Bringt euch ein, ganz aktuell im Kindergottesdienst, der hier gerade immer mehr wächst oder auch einer Jungschar. Sprecht Frau Bauer oder mich an, wir sagen euch Möglichkeiten. Ich verspreche euch: ihr werdet ein Gewinn an Gemeinschaft, persönlicher Erfahrung und auch im Glauben haben.

Und übrigens: Unser Chef ist auch ungeheuer großzügig. Schon jetzt können alle, die ihm vertrauen, Großartiges mit ihm erleben: Gebetserhörungen, Hilfen in schwierigen Lagen, Wunder, eine dankbare Lebenshaltung. Und nach dem Tod warten auf sie ganz besondere „Vergünstigungen“, das ewige Leben, eine großzügige Wohnung, ewiges Zusammensein mit ihrem guten „Chef“.

Ich weiß nicht, ob ihr von dem Youtuber Philipp Mickenbecker gehört habt. Er war Christ und verstarb vor drei Wochen im Alter von 23 Jahren an Krebs. Gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder Johannes betrieb Mickenbecker seit 2016 den YouTube-Kanal „The Real Life Guys“, auf dem sie selbst gebaute U-Boote und Raketenbadewannen präsentierten. Der Kanal der Brüder aus Bickenbach bei Darmstadt hat 1,35 Millionen Abonnenten. Er hat auch ein interessantes und sehr nachdenkenswertes Buch geschrieben: meine Real Life Story. Auf dem Instagram Kanal hieß es einen Tag nach seinem Tod: Philipp ist gestern Abend im Krankenhaus von uns gegangen. Wir waren alle bei ihm. Er hat in den letzten Wochen oft starke Schmerzen gehabt und wir sind uns sicher, dass er jetzt an einem besseren Ort ist. Jesus hat gestern seine Hand über uns gehalten. Wir sind unglaublich dankbar so einen unfassbar tollen Freund gehabt zu haben und sind dankbar für jeden Moment, den wir mit ihm in den letzten Jahren erleben durften. Philipp hatte vollen Frieden mit der Situation und hat sich sehr über all eure Gebete gefreut. Er hat sich für euch gewünscht, dass ihr Jesus persönlich kennenlernt und ihn in euer Herz schließt. Einer seiner Lieblingsbibelverse war: „Alle, die ihre Hoffnung auf den Herrn setzen kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler.“ Jesaja 40,31

Er hat sich für euch gewünscht, dass ihr Jesus persönlich kennenlernt und ihn in euer Herz schließt. Was anderes kann ich euch heute auch nicht wünschen. Tut das und ihr werdet wirklich erfüllt leben. So wie Philipp es schreibt, sehen also die Zukunftsaussichten von denen aus, die an Jesus glauben. Sie sind atemberaubend. Die Herrschaft von allen Machthabern dieser Welt vergeht und wenn sie für die Ewigkeit angelegt zu sein scheint. Wer sich an Jesus hält, der hat Ewigkeitsbestand. Der kann trotz aller Krankheitsnot und Todesmacht erleben, dass Jesus ihn hält. Der kann ihn auch in vielen schönen Dingen erfahren.

Und diese frohe Botschaft gehört weitergesagt. Das Evangelium ist nicht nur etwas für uns Menschen im westlich-abendländischen Kulturkreis sondern für alle Menschen. Wir brauchen uns nicht zu schämen, wenn Christen in alle Welt gehen, um im Namen Jesu zu helfen und von ihm zu erzählen. Das ist das Normalste von der Welt. Jesus wird der Herr sein, dessen Herrschaft einmal jeder anerkennen muss, ob er will oder nicht.

Und wie ist es in der Gegenwart? In meinem grauen Schulalltag? In meiner Zukunftsangst, die mich plagt, weil Corona mir so die Jugend einschränkt? In meiner Einsamkeit, die ich manchmal verspüre? In meinem Liebeskummer oder Mobbingsorgen?

Heinrich Gießen hat in Berlin einmal eine Andacht gehalten, die monatelang von sich reden machte. Abends in der Gedächtniskirche saßen sie, die Manager, die Schüler, die Studenten, die Rabauken, alle waren zusammen. Dann kam Heinrich Gießen und sagte vielleicht etwas klischeehaft: „Mütter!“ Die Mütter guckten alle hoch. „Küche – Hausaufgabenbetreuung– Geschrei – Windeln – Abwasch – Dreck – Ärger – das ist ihre Lage!“ Die Mütter nickten.

„Väter!“ Die Väter guckten alle hoch. „Termine – Sekretärin – hübsche Sekretärin – Verführung – viel zu viele Stunden am Tag Arbeit – Gehetzt sein – gejagt – das ist ihre Lage!“ Die Väter nickten.

„Schüler! Ärger mit den Lehrern. – Ärger mit den Klassenkameraden – sozialer Druck – das ist eure Lage!“ Und dann ging es immer weiter. Jeder war plötzlich dran, jeder. Dann richtete sich Heinrich Giesen auf und sagte: „Jesus spricht: Ich bin der Herr deiner Lage!“

Dann war die Andacht zu Ende, und die Leute gingen bestürzt aus der Kirche hinaus und hatten eine einzige Frage: Ist das wahr? Gibt es jemand, der sich um unsere Welt, um unseren Alltag kümmert und nicht nur um einen frommen Raum? Ist Jesus wirklich der Herr meiner Lage?

Ist das wirklich wahr, dass Jesus der Herr auch deiner und meiner Lage ist? Die Antwort lautet: Ja! Tausendmal Ja! Ich kann das nur selbst auch durch meine Person bezeugen. Glaubst Du, ich bin seit 20 Jahren Pfarrer und verkündige einen frommen Traum? Da wäre ich längst gescheitert bei all den Situationen, die ich schon begleiten musste. Jesus ist der Herr deiner Lage! Vertraue ihm, dass er dich nicht alleine lässt. Mit seiner Hilfe, seiner Kraft und seinem Trost. Er ist nicht weit weg sondern dir ganz nahe. Auch und gerade heute!

Ein Freund von mir, der auch Pfarrer ist, erzählte mir: Es war bei einer Konfirmationsnachfeier. Ich überreichte meinen Konfirmanden als Geschenk der Kirchengemeinde ein Bronzekreuz. Auf der Rückseite stand der Konfirmationsspruch. Beim Überreichen der Kreuze las ich ihn vor. Die Feier verlief reibungslos, bis ich zum letzten Konfirmanden kam. Dessen Kreuz fehlte. Es war einfach nicht zu finden. Ich suchte das ganze Pult ab, sah wohl auch in meiner Tasche nach. Nichts zu finden. Da fiel es mir wieder ein: Ich hatte das Kreuz vor der Feier einem Kirchenvorsteher gezeigt und es dann in die Jackentasche meines Anzuges gesteckt. Die verblüffte Gemeinde sah zu, wie ich meinen Talar hochraffte und aus der Jackentasche das vermisste Kreuz hervorzauberte. Dann schallendes Gelächter, als ich den Spruch auf dem Kreuz vorlas: "Gott spricht: So ihr mich von ganzen Herzen suchen werdet, will ich mich von euch finden lassen."

Mit Jesus kann es uns oft genauso gehen wie mit dem Kreuz. Er scheint manchmal nicht da zu sein, wenn wir ihn brauchen. Doch er ist nicht weit weg. Er ist uns näher, als wir ahnen. Oft nur ein paar Zentimeter bis zum Bücherregal, in dem die Bibel steht, ein paar Meter bis zur nächsten Kirche, eine kleine Kopfdrehung zu dem Mann am Kreuz, der von sich sagte; "Siehe, ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende!" Setze darauf dein Vertrauen und dann: geh auf deinen Weg getrost und ohne Sorgen, geh mit Gottes Segen, geh ihn mutig voran. Geh an seiner Hand, du bist bei ihm geborgen, geh mit Gottes Segen, geh ihn mutig voran. Geh mit Gottes Segen voran. Amen.

 

Verfasser: Pfarrer Friedemann Wenzke, Dr. Martin Luther Str. 18, 95445 Bayreuth, Tel: 0921/41168; E-Mail: Friedemann.Wenzke@elkb.de