Predigt am 09./10.01.2021: Röm. 12, 1-3

Liebe Gemeinde,

Der Römerbrief ist der zentrale Brief des Apostels Paulus. Auf ihn, vor allem auf die ersten 8 Kapitel, hat sich Martin Luther mit seiner reformatorischen Lehre berufen. Wie Leuchtfeuer leuchten die Sätze: „So halten wir nun fest, dass der Mensch gerecht wird ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben.“ Oder: „Da wir denn nun gerecht geworden sind durch den Glauben, haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus.“ In einem Einschub wird dann in Kapitel 9-11 sehr grundlegend das Verhältnis von Israel und den Juden zu den Christen behandelt. Ein sehr komplexes Thema. Und ab Kapitel 12 geht es darum, welche Folgen es für unser Leben ganz praktisch hat, dass wir schon ganz und gar gerecht geworden sind und mit Gott in Frieden leben dürfen. Es geht also gewissermaßen um den Glauben am Montag und allen anderen Werktagen, damit sich unser Glaube und unser Gottesdienst nicht auf den Sonntag beschränkt:

Wir hören auf den Predigttext von heute aus Röm. 12, 1-3: 

Ich ermahne euch nun, Brüder und Schwestern, durch die Barmherzigkeit Gottes, dass ihr euren Leib hingebt als ein Opfer, das lebendig, heilig und Gott wohlgefällig sei. Das sei euer vernünftiger Gottesdienst.
2 Und stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, auf dass ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene.
3 Denn ich sage durch die Gnade, die mir gegeben ist, jedem unter euch, dass niemand mehr von sich halte, als sich's gebührt, sondern dass er maßvoll von sich halte, wie Gott einem jeden zugeteilt hat das Maß des Glaubens
.

Wir sind so reich beschenkt durch das, was Christus uns erworben hat durch seine Menschwerdung, seinen Tod und seine Auferstehung. Das hat Paulus in den ersten Kapiteln des Römerbriefs erarbeitet und aufgrund dieser Kapitel kam die reformatorische Wende. Gott hat uns mit Christus alles geschenkt: ewiges Leben, Rettung vor dem Verlorensein, ein Ziel vor Augen und echten Lebenssinn und vieles mehr. Aber leben wir auch aus diesem Reichtum?

In einem kleinen Dorf wohnt ein älteres Ehepaar in ärmlichen Verhältnissen. Der Sohn ist vor vielen Jahren nach Amerika ausgewandert. Regelmäßig schreibt er seinen Eltern nach Hause. Eines Tages erhalten sie Besuch vom Lehrer im Dorf. Sie zeigen ihm freudig die Briefe ihres Sohnes und auch die »hübschen Bildchen«, die der Sohn seinen Briefen beigelegt hat. Es sind zwar immer die gleichen Bilder, aber die alten Eltern freuen sich trotzdem daran. Als nun der Lehrer diese Sammlung sieht, sagt er: »Liebe Leute, das ist doch Geld. Das sind amerikanische Dollarnoten. Ihr seid reich und wisst es gar nicht!«

Ihr seid reich und wisst es gar nicht!«

Mit diesem Anliegen wendet sich der Apostel Paulus mit seinem Schlussabschnitt in seinem Brief an die Gemeinde in Rom. Mahnend, wir könnten auch sagen, eindringlich bittend – weil die Christen dort vieles noch gar nicht entdeckt haben, was ein Christenleben bringt. Damit sie sich nicht entgehen lassen, was Gott alles schenkt. Damit sie den Reichtum der Jesus-Nachfolge ausschöpfen. Und zwar nicht nur Sonntag und im Gottesdienst, sondern im Alltag. Gottesdienst im Alltag, im nachweihnachtlichen Alltag, das ist das Thema, das Paulus im Predigttext anschlägt und das ihn gewaltig umtreibt. Gottesdienst im Alltag auf dem Hintergrund des unendlichen Erbarmens Gottes.

Was ist für diesen Gottesdienst im Alltag charakteristisch? Es geht um drei Impulse, die der Apostel Paulus uns heute gibt: Unser Gottesdienst im Alltag soll ungeteilt, unangepasst und unverkrampft sein.

1. Unser Gottesdienst im Alltag soll ungeteilt sein

»Stellt euch Gott ganz zur Verfügung«, schreibt Paulus. Denn Gott ist seinerseits mit der Sendung seines Sohnes aufs Ganze gegangen. Er gönnte uns nicht bloß ein bisschen Zuwendung, ein bisschen Frieden, ein bisschen Versöhnung, ein bisschen Erlösung. Er setzte alles auf eine Karte. Er warf für uns sein ganzes Herz in die Waagschale. Er gab sich ganz. Wurde ganz Mensch. Und ist ganz gestorben und war nicht nur scheintot. Wenn Gott uns mit ungeteiltem Herzen dient, dann geht es auch um unser ungeteiltes Herz.

Aber das ist nun eben unser Problem. Und es war das Problem von Anfang an. Ein bisschen wollten die Menschen schon immer Gott dienen. In angemessenem Umfang wollten sie ihm schon immer Aufmerksamkeit gönnen. In Maßen wollten sie ihm schon immer einen Teil ihres Lebensertrags zur Verfügung stellen. Das war man seinem Schöpfer und Erhalter schuldig. Deshalb rauchten auch im Jerusalemer Tempel die Opferfeuer unaufhörlich. Erzeugnisse, Früchte, Tiere – Gott sollte vom Lebensertrag des Menschen ein anständiges Stück abbekommen. Nach vollbrachtem Opfer durfte man davon ausgehen, dass er zufrieden gestellt war. Man hatte ihm den Anteil übermittelt, der ihm zustand. Über den großen Rest konnte jetzt der Mensch frei verfügen. Bei dem musste er sich nicht mehr um den lieben Gott kümmern.

Wenn wir ehrlich sind, praktizieren wir diesen alten, geteilten Opferdienst frisch-fröhlich-dreist weiter, natürlich ohne rauchende Opferaltäre. Wir zeigen Gott nicht unbedingt die kalte Schulter. Wir wissen schon, dass wir auf ihn angewiesen sind. Manche merken es vielleicht in dieser Pandemie aufs Neue, wie wenig wir eigentlich in der Hand haben. Ein kleines Virus hält die Welt seit fast einem Jahr in Atem und alle Versuche, es einzudämmen, hatten bisher nur sehr begrenzten Erfolg. Wenn das nicht unsere Begrenztheit aufzeigt, was muss denn dann noch passieren? Wir ahnen in diesen Monaten vielleicht stärker: Wenn Gott seine Hand von der Welt und uns zurückzieht, dann gute Nacht.

Manchen ist das völlig egal. Sie bringen das aktuelle Geschehen gar nicht in Verbindung mit Gott. Andere ahnen wohl, dass es da einen Gott gibt und bringen ihm das Opfer eines ordentlichen und bürgerlich korrekten Lebens. Wir lassen es nicht fehlen an einer gewissen Dankbarkeit, die sich auch in guten Taten äußert. Und doch: Irgendwie stammt das oft aus einem geteilten Herzen. Wir suchen uns die uns genehmen Stücke des Lebens aus und widmen sie Gott. Und den Rest leben wir doch bitte so, wie es uns gefällt.

Aber Paulus ruft heute energisch dazwischen: Hört doch auf mit diesem zerstückelten Gottesdienst. Gott hat sich für uns ganz eingesetzt, sich in Jesus vorbehaltlos hingegeben – nun verdient er auch unsere vorbehaltlose Aufmerksamkeit und ganze Hingabe. Er erwartet, dass ich ihm nicht stückweise, so wie es mir gerade passt, meine Referenz erweise, sondern dass ich ihm diene mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele, mit ganzem Gemüte. Jetzt hat er Anspruch auf alle Lebensbereiche. Gebt eure Leiber hin als ein lebendiges und heiliges und Gott gefälliges Opfer: das bedeutet doch: Gib dich Gott ganz in die Hand. Lass deinen Anspruch los, selbst Herr deines Lebens zu sein. Bete von Herzen: „Herr, dein Wille geschehe, in meinen Leben und durch mein Leben.“ Deutliche Worte!

Ich denke an jenen bedauernswerten Pfarrer, dem man seinen besten Anzug von der Leine herunter gestohlen hatte. Er hoffte auf das schlechte Gewissen des Diebs. Eine Woche später fragte ihn der Mesner: »Herr Pfarrer, haben Sie Ihren Anzug schon zurückbekommen?« – »Noch nicht ganz«, antwortete er, »aber immerhin war schon ein Knopf davon in der Opferbüchse.«

Immerhin – aber was bedeutet schon ein Knopf im Blick auf einen ganzen Anzug! So wird das wohl von Gottes Blickwinkel oft aussehen: Wir geben ihm einen Knopf zurück anstelle des ganzen Anzugs, anstelle uns selbst mit Leib und Seele, mit unserer Begabung und unseren Fähigkeiten, mit unserer Kreativität und Zeit. Gott aber wünscht sich unser ungeteiltes Herz, erwartet einen Gottesdienst im Alltag mit der ganzen Breite unserer Möglichkeiten. Er hat uns, ja dich so begabt, dir so viel Begabungen und Talente geschenkt. Welche deiner Begabungen bringst Du in deinen Beruf ein? Welche in deine Ehe und Familie oder in Freundschaften? Welche in die Gemeinde? Gott will gerade dich als Mitarbeiter! Mit all deinen Grenzen und Begabungen. Du musst dich dabei nicht selbst aufgeben und schon gar nicht überfordern. Gott verlangt nichts von Dir, was er dir vorher nicht geschenkt hat. Aber was er Dir geschenkt hat, dass darfst du gewinnbringend einbringen. Das darfst du nutzen und andere damit beschenken. In deinem privaten Bereich, in deinem beruflichen Bereich und eben auch in der Gemeinde. Bitte warte nicht, bis ich oder jemand anderes dich anspricht. Ich weiß doch gar nicht genau, was du gerne machst oder gut kannst. Melde dich einfach und bringe dich ein. Es geht doch gar nicht um eine fehlerfreie Mitarbeit, es geht um eine Mitarbeit, die von Herzen und aus Dankbarkeit kommt. Wir sind Teil einer Gemeinde mit vielen verschiedenen Gaben. Jeder von uns ist Teil eines Leibes. Mein Dienst wird durch den Dienst eines anderen ergänzt. Was ich nicht schaffe, gelingt vielleicht einem anderen. Das darf uns auch entlasten. Das darf uns auch gelassen machen. Aber gelassen sein ist kein Widerspruch zu einem ungeteilten Herz gegenüber Gott. Ich kann ungeteilt Gott dienen und trotzdem gelassen sein in dem Vertrauen, dass Gott meinen Mangel ausfüllen wird. Ich ermahne euch nun, Brüder und Schwestern, durch die Barmherzigkeit Gottes, dass ihr euren Leib hingebt als ein Opfer, das lebendig, heilig und Gott wohlgefällig sei. Das sei euer vernünftiger Gottesdienst.

Also: unser Gottesdienst im Alltag soll ungeteilt sein.

2. Unser Gottesdienst im Alltag soll unangepasst sein.

Das hört sich seltsam an. Müssen wir uns nicht ständig anpassen, um existieren zu können oder um nicht zur Lachnummer zu werden?

Man muss sich dem Wetter anpassen; bei 10 Grad minus kann man nicht in Shorts umherlaufen. Man muss sich dem Fahrplan anpassen; der Busfahrplan orientiert sich nicht an unseren Stimmungen. Man muss sich einem gesunden Lebensrhythmus anpassen: Wer nachts nur anderthalb Stunden schläft, ist tagsüber zu nichts zu gebrauchen. Wer grundsätzlich unangepasst leben will, schadet sich selbst.

Paulus meint es natürlich anders: Stellt euch nicht dieser Welt gleich. In der Welt gibt es Maßstäbe und Grundsätze, die eben nicht dem Willen Gottes entsprechen. Die Mehrheit der Menschen richtet sich nach den Maßstäben dieser Welt. Diese sind nicht alle schlecht, aber sie sind eben auch nicht alle gut. Christen orientieren sich an der Frage: Was will Gott von mir? Was steht bei mir an, wenn ich Gottes Gebote ernst nehme? Muss ich irgendwo dabei sein, weil alle anderen dabei sind? Muss ich irgendwo mitmachen, nur weil’s eben im Trend liegt? Täglich wird uns in den Medien vorgehalten, was in oder was out ist. Das angepasste Leben ist überaus anstrengend, denn man muss ständig und auf der Hut sein, ob das Neueste wirklich auch noch das Allerneueste ist.

Von Marc Twain stammt eine kleine hintergründige Geschichte. Er erzählt, er habe einmal ein Chamäleon gehabt. Wie alle anderen Chamäleons habe dieses die Fähigkeit besessen, seine Farbe zu ändern und sich seiner Umgebung anzupassen. Eines Tages habe er es mit sich in sein Arbeitszimmer genommen und es auf einen bunten Teppich gesetzt. All die Farben hätten einen tiefen Eindruck auf das Tier gemacht. Es fing an, sich mit den Farben vertraut zu machen und war sehr bemüht, sich den verschiedenen Farben anzugleichen. Stundenlang mühte sich das arme Tier ab. Schließlich sei das Chamäleon an Überanstrengung gestorben.

Viele Christenmenschen haben durch solche Überanstrengungen Schaden erlitten. Sie wollten sich nichts von dem entgehen lassen, was gerade in war. Sie wollten mitschwimmen auf allen Wellen. Sie wollten nicht aus der Rolle eines modernen Menschen fallen und haben sich überanstrengt.

Dass wir uns nicht falsch verstehen: Christen brauchen den bunten Fleckenteppich der Welt nicht scheuen. Wir sollen ihn nüchtern betrachten, können auch das Gute übernehmen, aber uns ja nicht allen Farben und Prinzipien anpassen. Das wäre unser Tod wie beim Chamäleon. Und da könnte man so viele Prinzipien der Welt nennen, die uns zur Anpassung zwingen wollen: Nur was du mit deinen Augen siehst, ist wahr. – Jeder ist sich selbst der Nächste. – Lasset uns essen und trinken, denn morgen sind wir tot. – Nur Leistung zählt im Leben. – Wie du mir, so ich dir. – Hauptsache, mir geht es gut .– Hast du was, dann bist du was. – Was alle tun, kann nicht falsch sein. – Wer verzichtet, ist blöd. – usw

Diesem Chamäleon Kraftverschleiß brauchen wir uns als Christen nicht auszusetzen. Wir können gelassen prüfen, was gut und richtig und wichtig ist in Gottes Augen. Manchmal kann dies dann mit dem Trend übereinstimmen. Es ist ziemlich dumm, wenn ich als Christ aus Prinzip alles bin, nur weil es modern und zeitgemäß ist. Aber es ist auch ziemlich dumm, alles ungesehen zu übernehmen, nur weil es neu ist und alle machen. Immer noch gilt der alte Satz aus dem alten Kinderlied: Sei ein lebendger Fisch. Kennen Sie noch diesen Jungscharschlager aus den 70-iger Jahren von Margret Birkenfeld:

Nur die toten Fische schwimmen immer mit dem Strom, lassen sich von allen andern treiben,
haben weder Kraft noch Mut, was anderes zu tun,
wollen in der großen Menge bleiben.

 

 Sei ein lebendger Fisch,
schwimme doch gegen den Strom.
Auf - und wag es frisch,
Freude und Sieg ist dein Lohn.

 Habe doch den Mut, auch einmal anders zu sein,
als die meisten Leute um dich her,
wenn sie dich auch alle als nicht ganz normal verschrein,
frage du nur: was will denn der Herr.

Doch aus eigner Kraft wirst du nie ein lebendger Fisch, bitte Gott um Kraft an jedem Tag,
glaub dass auch in deinem Leben Jesus Sieger ist,
und du staunst was er zu tun vermag.

Sei ein lebendger Fisch,schwimme doch gegen den Strom.
Auf - und wag es frisch, Freude und Sieg ist dein Lohn.

Text und Musik: Margret Birkenfeld
© 1975 Gerth Medien Musikverlag, Asslar

»Richtet euch nicht nach den Maßstäben dieser Welt«, sagt Paulus, richtet euch nicht nach dem, was gerade mega-in oder mega-out ist. Fragt: Entspricht es Gottes Maßstäben oder was würde Jesus tun? Unser Gottesdienst im Alltag soll also nicht den Menschen und Trends angepasst sein, sondern an Gott und seinen Maßstäben.

3. Unser Gottesdienst im Alltag soll unverkrampft sein

Paulus setzt zu einem ähnlichen Aufruf an: ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, auf dass ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene.

Ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes. Wenn man den Gesamtzusammenhang des Römerbriefs anschaut, wird deutlich, dass es hier nicht darum gehen kann, dass wir uns selbst in unserem Wesen und Gesinnung ändern können. Wie ein roter Faden zieht es sich durch die Theologie des Paulus: das neue Wesen in uns schafft Christus und niemand sonst. Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur.

Was kann dann hier gemeint sein, wenn Paulus schreibt: ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, auf dass ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene.

Das heißt wohl, dass wir uns nicht versteifen auf alte Positionen, dass wir uns nicht festklammern an alten Strukturen und Handlungsweisen. Wer dem lebendigen Gott dienen will, der darf nicht immer und ewig auf seinem alten Stammplatz sitzen bleiben.

Lasst euch von Gott umwandeln, in Bewegung setzen! Das steht jetzt auf dem nachweihnachtlichen Programm. Unsere festgetrampelten Wege, unsere alten unveränderlichen Standpunkte – da ist manches zu hinterfragen. Gott will mit uns vorankommen. Gott will etwas Neues in und mit uns schaffen! »Jesu, geh voran auf der Lebensbahn« – wie sollen wir da noch auf unseren ehrenwerten und miefigen Stammplätzen sitzen bleiben können! Wer sich hinter Jesus nicht auf den Weg macht, der schaut ihm nur noch hinterher und verliert ihn aus den Augen. Jesus bleibt nicht stehen, es geht um Nachfolge. Und Nachfolge ist Bewegung!

Schauen wir doch nochmal kurz auf die Menschen der Weihnachtsgeschichte. Als die Hirten die Engelsbotschaft hörten, setzten sie sich nicht ans Lagerfeuer und feierten fröhliche Weihnachten bei den Schafen. Sie ließen sich in die Bewegung, die vom Himmel ausging, einbeziehen und liefen zum Stall. Dort an der Krippe wollte Gott verändernd in ihr Leben eingreifen. Wären sie am Lagerfeuer geblieben, so hätte sich die frohe Botschaft zu einem reinen Kopfwissen umgesetzt. Das Herz wäre kalt und ihr Leben armselig und ohne Trost geblieben. Aber sie ließen sich in Gottes Veränderungswillen mit dieser Welt hineinnehmen.

Und die Könige, die Weisen aus dem Morgenland genauso. Von ihnen heißt es in der Bibel: Sie zogen auf einem anderen Weg wieder in ihr Land. Das gilt im wörtlichen, aber auch im übertragenen Sinn. Darin besteht der Sinn von Gottes Zuwendung, von Weihnachten, Ostern und Pfingsten – dass wir von unserem alten Weg herunterkommen und uns durch Gottes Freundlichkeit verändern lassen und wo nötig, auch neue Wege einschlagen.

Weihnachten ist äußerlich gesehen für viele gelaufen. Spätestens morgen verschwinden die letzten Christbäume aus den Häusern. Aber hier in der Kreuzkirche bleibt er bis zum Ende des Weihnachtsfestkreises Anfang Februar stehen. Und wir dürfen uns auf den Weg machen zu einem fröhlichen und mutigen Gottesdienst, nicht nur am Samstagabend um sechs oder Sonntagmorgen zwischen halb zehn und halb elf, sondern die ganze Woche, das ganze Jahr über. Gott hat uns gedient – wir wollen ihm dienen mit unserem Leben – als ungeteilte, unangepasste und unverkrampfte Nachfolger Jesu. Darin, so sagt es uns Paulus, besteht der rechte nachweihnachtliche Gottesdienst. Amen.

 

Verfasser: Pfarrer Friedemann Wenzke, Dr. Martin Luther Str. 18, 95445 Bayreuth, Tel: 0921/41168