Konfirmation in der Kreuzkirche Bayreuth
am 4. Oktober 2020 Text: 1.Samuel 16, 7

Gnade sei mit euch und Friede… Stilles Gebet 

„Wir tragen viele Masken und haben kein Gesicht“. Das Lied, das wir gerade gehört haben, hat Gisela Spitzer-Klonk schon vor Jahrzehnten geschrieben, aber passt es nicht ins Jahr 2020 als wäre es gerade erst entstanden?

Wir tragen viele Masken in dieser Pandemie und der größte Teil der Gesichter verschwindet dahinter. Man läuft maskiert aneinander vorbei und erkennt sich nicht. Man muss zwei- dreimal hinschauen, um selbst gute Bekannte sicher zu identifizieren.

Ein ganz wesentlicher Teil des Gesichts fehlt ja. Nase, Mund, Kinnpartie. Moderne Gesichtserkennungsprogramme kann man in dieser Zeit vergessen. Sie funktionieren nicht, wenn Menschen Maske tragen. Klar, die Maske muss sein. Sie dient ja zum Schutz vor Ansteckung mit gefährlicher Krankheit. Vor allem zum Schutz von Menschen mit schwachem Immunsystem. Darum nehmen wir die lästige Maskenpflicht in Kauf. – In den Läden, in Schulen, Praxen, Betrieben, überall da, wo wir nicht ausreichend Abstand halten können.

Selbst im Konfirmandenunterricht und bei allen Begegnungen im Gemeindehaus, beim Betreten und Verlassen der Gotteshäuser, beim Singen und gemeinsamen Bekennen unseres Glaubens. – Ich muss gestehen, es ist für mich manchmal direkt beklemmend, nur Maskierte um mich zu haben.

Es bleiben einem nur die Augen des Gegenübers, um zu erahnen, wie es ihm geht und wie er mir gesonnen ist. Nicht immer ganz einfach den Blick zu deuten. Schaust du freundlich, oder feindlich? Fröhlich oder traurig? Ärgerlich oder amüsiert? Ängstlich oder mutig? Darf ich dich ansprechen oder willst du deine Ruhe haben? Lachst du mich an oder aus?

Nähe, gar Berührung war uns seit März verboten. In letzter Minute mussten wir unsere Konfirmandenfreizeit canceln. Über Monate konnten wir uns überhaupt nicht treffen, sogar die Kirche blieb einige Zeit ganz geschlossen. Bis heute müssen wir sehr vorsichtig sein mit Öffnung und Lockerung. Wir wollen ja keine zweite Welle provozieren. –Wie lange wird das noch so gehen? Wir wissen es nicht.

Wir bleiben also auf Distanz. Beim Segen nachher vor dem Altar dürfen wir nicht im Namen Gottes die Hände auflegen. Aber dennoch dürfen wir sicher sein, dass Gott segnet, wo Menschen sich ihm öffnen und anvertrauen. Ihn stört die Maske nicht. Er sieht uns trotzdem unverhüllt.

Im ersten Buch Samuel im 16. Kapitel steht ein wunderbarer Satz, der mich in dieser Zeit tröstet und der mir hilft. Es heißt da 1.Samuel 16,7: „Ein Mensch sieht, was vor Augen ist, der Herr aber sieht das Herz an.“

Gott sieht tiefer. Er sieht ins Herz. Dabei ist nicht das muskulöse Organ gemeint, das Blut durch unseren Körper pumpt und schon lange vor unserer Geburt pulsiert. Das Wort für Herz meint in den alten Sprachen viel mehr. Das Wesen, die Seele, das Empfinden und Bewusstsein eines Menschen. Gott sieht, wie wir wirklich sind. Wie wir fühlen und denken, was in uns steckt, was uns geprägt hat, was uns belastet, was wir lieben, fürchten, hassen, herbeisehnen. Er versteht, so drückt es einmal ein Psalmbeter aus, unsere Gedanken von Ferne. Ihm können wir nichts vormachen.

Er will auch nicht, dass wir ihm gegenüber Abstandsregeln einhalten. – Das machen ja manche Menschen bei Gott besonders gründlich. - Sie versuchen Gott fern zu bleiben. Besuchen keine Gottesdienste – oder nur wenn es, wie bei einer Konfirmation, Taufe, Beerdigung oder Hochzeit gar nicht anders geht. Dann setzen sie – auch ohne Corona – eine Maske auf. Eine fromme Maske, ein Gesicht, das zu verbergen versucht, wie groß ihre Ablehnung und Widerstände sind.

Wir tragen viele Masken – damit meinte die Liederdichterin lange vor Corona, dass wir Menschen uns verstellen können. Man spricht beim Kartenspiel vom Pokerface. Von dem Gesicht, das keinerlei Hinweise auf die Karten des Spielers gibt. Im Alltag ist es nicht leicht mit solchen Pokerface-Trägern umzugehen. Man wird getäuscht. Hinter dem freundlichen Lächeln ist die böse Gesinnung nicht zu erkennen. – der Mensch sieht nur, was vor Augen ist und lässt sich täuschen.

Gott aber sieht das Herz an. Wie sieht er es denn an? – Mahnend? Strafend? Richtend? – Nein! Zunächst sieht er das Herz eines jeden Menschen freundlich an. Er will Herzen ja nicht erschrecken oder abschrecken, sondern er will sie für sich gewinnen, aufschließen, erreichen. Manche harten, steinernen Herzen möchte er aufbrechen mit seinen Worten.

In dem vorhin gesungenen Lied lautete der zweite Satz: „Wir sprechen eine Sprache, verstehn einander nicht.“ Auch wenn man dieselbe Sprache spricht, heißt das ja noch lange nicht, dass man sich versteht. Wie viele Menschen reden aneinander vorbei. Eltern verstehen ihre Kinder nicht und die Kinder verstehen die Eltern nicht. Männer ihre Frauen nicht und Frauen ihre Männer nicht.

Auch mit unseren Worten können wir wie mit Masken verbergen, wie es uns wirklich geht, was uns bewegt, was uns Angst und Sorge macht. – Auf die flüchtige Frage: Wie geht`s dir denn? Folgt nicht selten die ebenso oberflächliche Antwort: Danke, gut! – Oder in der fränkischen Variante: „Basst scho“! Und wenn es dabei bleibt, dann wissen Eltern nicht, was in ihren heranwachsenden Kindern vorgeht und Kinder haben keine Ahnung, was ihre älter werdenden Eltern umtreibt. Man kennt sich nur oberflächlich, weiß nur den Namen und nicht mehr. Man lebt so aneinander vorbei. Aber so hat sich das der Schöpfer nicht gedacht. Er will, dass wir einander hören und verstehen, so wie er hört und versteht.

Im Lied, in der dritten Strophe heißt es: „Ja, einer kennt die Namen und weiß, wie es uns geht. Ja, er spricht eine Sprache, die jedermann versteht. Er gibt uns aus der Fülle, die er geschaffen hat, und schenkt uns eine Stille durch seine große Gnad.“

Heute, am Erntedankfest werden wir durch den besonderen Altar- und Kirchenschmuck daran erinnert, dass wir aus der Fülle leben und dass die Gaben und Güter unseres täglichen Lebens keine Selbstverständlichkeit sind. – Wir verdanken sie dem Schöpfer, der uns die Welt mit allen ihren Möglichkeiten als Lebensgrundlage anvertraut hat. – Und wenn wir nicht blind oder blöd sind, dann sollten wir das erkennen und Gott auch tatsächlich von ganzem Herzen danken, dass wir ernten durften und haben, was wir brauchen. Ja noch mehr.

Solange ich lebe – und das ist schon eine ganze Weile – kann ich mich nicht erinnern, einmal leere Regale in Geschäften gesehen zu haben. Es gab immer alles, auch wenn ich nicht alles gebraucht haben und wir uns auch nicht alles leisten konnten. Dennoch lebten wir immer aus der Fülle, hatten mehr als wir brauchten. - Das ist nicht überall auf der Welt so und auch in unserem Land nicht immer so gewesen.

30 Jahre Wiedervereinigung – Wer in der DDR aufgewachsen ist, kann sich noch gut daran erinnern, dass Regale in Läden manchmal leer waren und dass man auf bestimmte Artikel lange warten musste oder sie nie bekam. Seit drei Jahrzehnten ist das aber auch in den neuen Bundesländern Geschichte. Gott sei Dank für die friedlichen Veränderungen.

Ach, es gibt so vieles, was wir zu danken haben. Und doch herrscht so viel Unzufriedenheit in unserem Volk. Wer unzufrieden ist, ist auch unglücklich. Der sieht nicht das Viele, das er hat, sondern nur das Eine, das ihm fehlt. Darum ist es so wichtig, auf Gott zu hören und uns von ihm leiten und anregen lassen zu dankbarem Leben, das von Liebe und Wahrheit geprägt ist.

So ein Leben aber gibt es nur mit Jesus, der uns hilft Gott zu verstehen und positiv zu leben. Darum ging es im Konfirmandenunterricht, das zu vermitteln und euch auf ein solches Leben mit Jesus unter Gottes Segen Lust zu machen. Wir müssen unseren Glauben nicht verstecken. Wir brauchen uns für Jesus nicht zu schämen. Wir dürfen stolz auf unseren Bruder Jesus sein, der treu zu uns hält und sogar am Kreuz für uns ausgehalten hat. Ich möchte, dass jeder Pulsschlag meines Herzens mit und für Jesus geschieht.

Jeder darf ihn bitten, dass er die Leitung im Leben übernimmt und uns vor falschen Wegen bewahrt. Ihr Konfirmanden werdet nachher gemeinsam das Bekenntnis zu ihm sprechen, das die ganze Christenheit dieser Erde verbindet. Dazu dürft Ihr den Mundschutz abnehmen, den wir Euch vorhin vor dem Gottesdienst geschenkt haben.

Schaut ihn Euch nochmal an: Er enthält eigentlich unser Glaubensbekenntnis. Links ein Kreuz, rechts ein Herz und dazwischen eine EKG-Puls-Linie. Wenn ich es in Worte fasse, bedeutet das: Jesus, der am Kreuz für mich starb, ist mein Leben. Er liebt mich und ich liebe ihn. Was heißt das?

Dank an Familie Dittmar, die uns die Masken schnell angefertigt hat! (UlliOnline)

Es hat mal jemand gesagt: Ich liebe dich heißt, ich brauche dich. Also, wenn Jesus dich liebt, braucht er dich, damit du in seinem Sinn lebst und seine Gesinnung in der Welt verbreitest. Und wenn du sagst: Jesus, ich liebe dich, dann bedeutet das: Jesus ich brauche dich und deine Hilfe, um im Leben klar zu kommen. Deinen Schutz, um nicht unter irgendwelche zerstörenden Räder zu kommen. Deine Vergebung, weil ich immer wieder Fehler mache und schuldig werde.

Jesus, ich brauche dich, ist ein sehr gutes Gebet, mit dem man zu erkennen gibt, dass man nicht alles allein und selber im Griff hat. Gott wartet darauf, dass wir das zugeben. Vor ihm müssen wir nie eine Maske tragen, sondern dürfen unser wahres Gesicht zeigen. Auch wenn es gerade nicht frisch gewaschen oder schön geschminkt ist. Er stört sich nicht an Sorgenfalten und Kummertränen und Schmutzspuren. Er nimmt uns Sorgen und wischt Tränen ab. Tröstet, wie eine Mutter tröstet, wie es in der Bibel heißt. Er reinigt auch.

Jesus versichert einmal: Wer sich zu mir bekennt vor Menschen, zu dem will ich mich auch bekennen vor meinem himmlischen Vater. Er will, dass wir nicht nur aus der Fülle irdischer Gaben – auch nicht nur aus der Fülle von Konfirmationsgeschenken leben, sondern dass wir immer wieder aus der Fülle seiner Gnade schöpfen. Jeden Tag neu.

Wir dürfen in jeden neuen Tag starten mit dem Gebet: Herr, ich danke dir, dass du mich begleitest, dass du mir hilfst und dass du mich bewahrst. So einfach ist das. Wer so mit Gott redet, dem gilt, was die letzte Strophe des Liedes von Gisela Spitzer-Klonk ausdrückt:

Ist denen Licht und Sonne, die glauben an sein Wort, verheißt den Menschen Freiheit von Sünd an jedem Ort. Gott hilft zu neuem Leben, vergibt uns in Geduld. So lasst uns vor ihn treten, mit aller unsrer Schuld.

Es ist sicher: Solange wir leben, werden wir auch schuldig werden an Gott und Menschen. Aber das soll uns nicht daran hindern zu Gott zu kommen und seine Nähe zu suchen. Er befreit und er hilft aus alten Bahnen der Schuld heraus.

Diese Maske, die ihr zu eurer Konfirmation bekommen habt, soll euch daran erinnern, was ihr bekannt habt: Jesus hat mich lieb. Er ist mein Leben. Ich liebe ihn, weil er durch sein Kreuz alles Böse meines Lebens ausgelöscht hat.

Hoffentlich wird bald der Tag kommen, an dem wir keine Masken mehr tragen müssen und uns wieder unverhüllt begegnen dürfen. Vielleicht findet dann diese Maske trotzdem einen Platz in deinem Zimmer, wo sie dir immer wieder in den Blick fällt und dich erinnert, dass du geliebt bist und das du mit Gott reden und dich auf ihn verlassen darfst.

Und wenn du sie jetzt noch zu Corona-Zeiten in der Schule oder im Alltag trägst, ist sie sogar ein stummes Bekenntnis, zu wem Du gehörst. Und wenn du dich weiter zu Jesus bekennst, wird er sich auch in allen Situationen weiter zu dir bekennen. Amen.

Orgel/Kantor Musik zum Nachdenken über die Predigt