Reminiszere, 08.03.2020 Römer 5, 1-6. 8-9

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen.
Wir wollen in der Stille um den Segen des Wortes Gottes bitten ... Herr, wir bitten dich um deinen Heiligen Geist zum Reden und zum Hören. Amen.

Ganz wichtige Zeilen aus der Mitte des Römerbriefes sind heute Grundlage für die Predigt. Paulus schreibt am Anfang des 5.Kapitels:

Da wir nun gerecht geworden sind durch den Glauben, haben wir Frieden mit Gott durch unsern Herrn Jesus Christus;
durch ihn haben wir auch den Zugang im Glauben zu dieser Gnade, in der wir stehen, und rühmen uns der Hoffnung der zukünftigen Herrlichkeit, die Gott geben wird.
Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch der Bedrängnisse, weil wir wissen, dass Bedrängnis Geduld bringt, Geduld aber Bewährung, Bewährung aber Hoffnung.
Hoffnung aber lässt nicht zuschanden werden; denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist. Denn Christus ist schon zu der Zeit als wir noch schwach waren, für uns Gottlose gestorben. 
Gott erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren. Um wie viel mehr werden wir nun bewahrt werden vor dem Zorn, nachdem wir jetzt durch sein Blut gerecht geworden sind.

Manchmal beneide ich die Holzfäller. Ja, wirklich! Die sehen vor ihrer Arbeit, was sie zu tun haben und nachher, was sie getan haben. Zuerst steht da eine stattliche Anzahl von Bäumen. Einige von ihnen sind farbig markiert, weil sie gefällt werden müssen. Der Auftrag ist klar und die Aufgabe begrenzt.

Stunden oder Tage später sind die Bäume gefällt, Äste und Kronen entfernt, vielleicht auch die Rinde geschält. Die Stämme oder Abschnitte liegen sauber aufeinander, zur Abfuhr bereit. Bevor sich der Holzfäller auf den Heimweg macht, dreht er sich noch einmal um und betrachtet sein Werk. Vor ihm die harzduftenden Baumstümpfe, die Holzstapel, die Lichtung, die da entstanden ist. – Zufrieden greift er nach seiner Säge und geht in den Feierabend. Er hat was geschafft, hat sein Geld verdient.

Ich weiß nicht, was Sie für einen Beruf haben und wie es Ihnen am Abend eines Tages geht. Sehen Sie, was sie geschafft haben? Manche sicher: Ein Maler, ein Mauerer, ein Autobauer. Vielleicht auch eine Sachbearbeiterin bei der Stadt oder im Finanzamt, die einen ganzen Stapel Akten erledigt hat.

Beim Koch wird’s schon schwieriger. Die Köstlichkeiten, die er in seiner Küche zubereitet hat sind gegessen. Zurückgeblieben ist nur schmutziges Geschirr. - Wenn der Arzt am Abend seine Praxis zusperrt, in der er an diesem Tag 70 Patienten untersucht, behandelt und beraten hat, weiß er nicht, wies denen jetzt geht. Er kann nur hoffen, dass sie sich an seine Ratschläge halten und dass die verordneten Medikamente wirken.

In anderen Berufen ist das mit der Erfolgsbilanz und dem sichtbaren Ertrag noch schwieriger. Lehrkräfte brauchen einen langen Atem und viel Geduld. Manchmal ist es schier zum Verzweifeln, wenn man beim Korrigieren merkt, dass eine ganze Reihe nicht begriffen hat, wie man so eine Gleichung löst oder wie sie einen Sachverhalt in einer anderen Sprache ausdrücken müssen.

In manchen Berufen braucht es viel Geduld und einen unerschütterlichen Glauben, dass das, um das man sich müht und wofür man seine Zeit und Lebenskraft einsetzt, sich eines Tages gelohnt hat und nicht umsonst war. Wenn man das nicht mehr glaubt, dann gibt man auf, dann scheint einem das, was man tut sinnlos und man verliert den Mut und die Motivation.

In besonderer Weise ist das auch beim Pfarrer so. Wenn eine Taufgesellschaft das Gotteshaus verlässt und zum Festmahl abzieht, wenn Hochzeitsleute nach der Trauung mit ihren Gästen zur anschließenden Feier gehen, wenn Konfirmanden sich nach dem Dankgottesdienst verabschieden, dann sieht man ihnen meist nicht an, was sie mitnehmen. Ob sie verstanden haben, was ich ihnen sagen wollte? Ich frage mich das oft auch nach Beerdigungen und Trauerfeiern. Ist bei den Angehörigen und bei Bekannten, Freunden und Kollegen des oder der Verstorbenen angekommen, dass das Wort Gottes eine Kraft ist, die der Macht des Todes etwas entgegenzusetzen hat? Haben sie verstanden, dass es ohne Gott nur in die Dunkelheit geht? Hat sie die Liebe Gottes ergriffen, die uns durch Jesus befreit von Schuld? – Haben sie sich einladen lassen zu der Hoffnung und Zukunft, die Jesus durch seine Auferstehung schenkt?

Wenn nicht, dann war mein Reden umsonst. Mein Ringen um die rechten Worte und mein Suchen nach Beispielen. Oft genug bekommt man keine Rückmeldung, sieht keinen Erfolg. Ich kann nur beten und glauben, dass Gott durch seinen Heiligen Geist etwas bewirkt an den Herzen. Dass sich die Menschen einladen lassen zu einem Leben mit Jesus und zu der starken Hoffnung auf ewiges Leben in der Herrlichkeit Gottes. Dass eines Tages der Same aufgeht und etwas wächst, was dann von bleibender Bedeutung und von segensreicher Wirkung ist.

Ab und zu gibt es solche Lichtblicke und Zeichen in Form von Emails oder Anrufen. Am vergangenen Mittwochabend habe ich einen Anruf aus dem Krankenhaus von einer mir unbekannten Frau bekommen. Zuerst habe ich sie gar nicht verstanden, weil ihre Stimme immer wieder, von Tränen erstickt, versagte. Sie hat sich bedankt bei mir. Kurz vorher war ein Chor auf ihrer Station und hat zwei Glaubenslieder gesungen. Sie hatte noch das Liedblatt in der Hand und die Texte mehrmals gelesen. Ganz unten fand sie meinen Namen als Verantwortlicher und hat die angegebene Telefonnummer angerufen.

Ihr Herz war voll Dank und das musste sie jemandem sagen. Ich weiß nicht welche Krankheit sie hatte, darüber hat sie nicht gesprochen, sondern nur davon, dass ihr der Zuspruch und die Botschaft der Lieder so sehr geholfen haben. Sie hat dann dieser Arbeit viel Erfolg gewünscht und gesagt: Machen Sie bitte weiter damit. Dabei hatte ich gar nichts gemacht. Nur meinen Namen hergegeben. Gesungen haben andere.

Trotzdem hat es auch mir gut getan, was sie gesagt hat und ich konnte nur danken, dass Gott durch seinen Geist so wirkt, wenn Menschen sich für seine Sache einsetzen. Diese Frau hat das für sich angenommen, was sie als Zeugnis der Sängerinnen oder Sänger gehört hat. Es war für sie Gottes Wort an sie.

So ist es auch dem Paulus gegangen, der seinen langen und wichtigen Brief an die Römer schreibt und damals nicht ahnen konnte, dass dieser Brief einmal um die ganze Welt gehen würde und mit seinen klaren und wichtigen Aussagen Jahrtausende lang etwas bewegen und bewirken wird. Gerade dieser Teil seines Briefes war mit Grundlage für die Reformation: Da wir nun gerecht geworden sind durch den Glauben, haben wir Frieden mit Gott durch unsern Herrn Jesus Christus. Durch ihn haben wir auch den Zugang im Glauben zu dieser Gnade, in der wir stehen und rühmen uns der Hoffnung der zukünftigen Herrlichkeit, die Gott geben wird.

Der Apostel ringt nach Worten, die den Brieflesern endlich begreiflich machen, dass es nicht darauf ankommt, dass wir uns anstrengen und alles richtig machen. – Wer das versucht, wird bald den Mut verlieren, denn es gelingt einfach nicht. Selbst wenn wir uns noch so viel Mühe geben.

Immer wieder werden wir unseren eigenen Ansprüchen nicht gerecht, geschweige denn den Ansprüchen der Gebote. Wir wollen geduldig sein und haben die Geduld schnell verloren. Wir wollen liebevoll mit anderen umgehen und dann sind wir wieder lieblos. Wir möchten Gott die Ehre geben und stellen uns doch wieder selbst in den Mittelpunkt. Kennen Sie das nicht, dieses Wollen und dann doch wieder Scheitern?

Vor einiger Zeit sagte eine Frau zu mir: Ich weiß nicht, was ich machen soll, ich nehme mir immer so viel vor und weiß auch was richtig wäre und dann kriege ich es doch nicht hin. Jeden Tag bleibe ich hinter dem zurück, was ich wollte und schaffe es wieder nicht. Was soll ich nur machen?

Ich konnte ihr nur antworten: Das kenn ich gut. Genauso geht es mir auch. – Aber wenn mir das bewusst wird, dann bin ich froh über das, was mir das Wort Gottes sagt: Durch den Glauben haben wir Frieden mit Gott. Durch Jesus Christus sind wir vor Gott gerecht. – Nicht weil wir uns so angestrengt und weil wir geschafft haben, was wir uns vorgenommen hatten. Nicht weil wir perfekt geliebt, ausreichend gedankt oder fehlerlos gehandelt haben. Sondern durch den Glauben haben wir Frieden mit Gott.

Und: Durch den Glauben haben wir Zugang zu der Gnade, in der wir stehen. Durch den Glauben müssen wir nicht verzweifeln und aufgeben, weil es ja Gott ist, der uns den Sieg gibt durch Jesus. Nicht wir erkämpfen uns den Zugang zu der künftigen Herrlichkeit Gottes, sondern Jesus hat ihn am Kreuz für uns erkämpft. Weil er den Tod besiegt hat, darum muss uns keine Angst davor sein. Er sagt: Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt.

Durch den Glauben haben wir Zugang zu der Gnade. Wie geht denn das? Was muss ich denn da machen? - Nichts! - Das ist es ja gerade. Denn Christus ist schon zu der Zeit als wir noch schwach waren, für uns Gottlose gestorben. Gott erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren.

Wenn wir glauben holen wir nur ab, was für uns schon längst bereit liegt. Wir müssen es nicht bestellen, auch nicht bezahlen. Es ist schon bestellt und bezahlt von dem, der uns mit seiner bodenlosen Liebe nur Gutes tun will.

Als ich noch ein Kind war, kam ein- oder zweimal im Jahr ein geheimnisvolles Paket von einem reichen entfernten Verwandten. Da waren dann so Schätze drin wie Nürnberger Elisenlebkuchen und andere Leckereien aus edlen Konditoreien. So um 1960 war das schon was ganz Besonderes. Wir hatten es nicht bestellt, nicht verdient, nicht bezahlt und durften es doch für uns annehmen, auspacken, reinbeißen und genießen.

So ist das mit der Gnade, die wir im Glauben ergreifen dürfen. Wir haben sie nicht bestellt, nicht verdient, können und müssen sie auch nicht bezahlen – und dürfen uns doch an ihr freuen. Der Frieden mit Gott ist ein Geschenk, das man nur mit dem Glauben auspacken und genießen kann.

Wie? Indem ich mit Jesus rede und ihm danke: Danke, Herr, dass du für mich geschafft hast, was ich nie schaffen könnte. Danke, dass du meine Schuld auf dich und dein Kreuz genommen hast. Danke, dass du bei Gott nicht nur ein gutes Wort für mich eingelegt, sondern Frieden gemacht hast. Und danke, dass du mich neu machst und nach Gottes Plan veränderst.

Wie macht er das denn? – Unser Heiland hat da verschiedene Möglichkeiten. – Manchmal durch überraschende und überwältigende Geschenke. Er schenkt dir eine liebevolle Frau oder einen geduldigen Mann und euch beiden dann vielleicht wunderbare Kinder. Er schenkt dir Erfolg im Beruf, Gesundheit, ein gutes Einkommen oder Erbe und noch vieles mehr.

Manchmal macht er es aber auch ganz anders. Paulus spricht auch davon: Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch der Bedrängnisse, weil wir wissen, dass Bedrängnis Geduld bringt, Geduld aber Bewährung, Bewährung aber Hoffnung. Hoffnung aber lässt nicht zuschanden werden;

Denken wir noch einmal an die Frau, die mich aus dem Krankenhaus angerufen hat. Die war in einer „Bedrängnis“, sonst wäre sie nicht im Krankenhaus gewesen. Aber in dieser Bedrängnis hat Gott durch den Chor und die Lieder mit ihr geredet. Er hat sie tief im Herzen berührt, ihr Geduld geschenkt und Mut gemacht. Für sie hat sich der Glaube bewährt und sie war wieder voller Hoffnung auf eine gute Zukunft.

Ich sage Ihnen was: Ohne diese Hoffnung des Glaubens möchte ich nicht krank sein, nicht alt werden, nicht Nöte erleben, nicht die Probleme der Welt zur Kenntnis nehmen müssen. Die Kriege und Katastrophen. Von wütenden Feuern über vernichtende Fluten bis zu lebensbedrohenden Corona-Viren.

Wer im Glauben Frieden mit Gott hat, der kennt eine ganz andere „Corona“. Nicht die Angst machende und sogar Tod bringende Corona Erkrankung, sondern – „Corona“ heißt ja Krone – die Corona, die Krone des Lebens: Das Ewige Leben in der Herrlichkeit Gottes. Die ist allen versprochen, die im Glauben an Jesus Zugang finden zu der Gnade Gottes. In Offenbarung 3,8 werden wir aufgefordert: Halte, was du hast, dass niemand deine Krone nehme. Den Glauben festhalten, dass Jesus schon alles für dich getan hat. Noch mal zum Anfang: Wir müssen den Erfolg nicht sehen, nicht auf uns schauen und ständig vergleichen. Auch wenn wir versagen, wenn es bei uns fehlt, bei Gott ist die Sache durch Jesus in Ordnung gebracht.

Herr Jesus Christus, schenk‘ uns doch solchen Glauben, der sich ganz auf dich verlässt und der in deinem Kreuz und deiner Erlösung Frieden findet. Amen.

Verfasser: Martin Schöppel , Dr.-Martin-Luther-Str.18, 95445 Bayreuth, Tel. 0921/41168